Schon seit dem Jahre 2014 sind neue Impulse für die gewerkschaftliche Arbeitszeitdebatte sichtbar. Seit Beginn 2017 hat die IG Metall eine mehrjährige Arbeitszeitkampagne gestartet. In einem Beitrag zum Thema »Gibt es eine neue Dynamik in der Arbeitszeitdebatte?« versuche ich schon Anfang 2015 diese zurückliegenden Impulse aufzuzeigen. In: Sozialismus Heft 1-2015, S. 41- 44
Es sind mehrere Anlässe in den vergangenen Monaten (2014), die die Frage aufwerfen, ob in der lange Zeit recht ruhigen Debattenlandschaft zur Arbeitszeit nunmehr ein neuer Schwung zu registrieren ist.
Zu diesen Anlässen gehören vor allem folgende Ereignisse: Das WSI hatte für sein jährliches Herbstforum am 27./28.11. in Berlin das Thema »Arbeitszeiten der Zukunft« gewählt. Für die Veranstalter selbst überraschend war der enorme Andrang: Statt der sonst üblichen 150 bis 200 Besucher kamen 350 Interessierte und etlichen musste abgesagt werden. Prominente Diskutanten waren der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sowie die stellvertretende ver.di-
Vorsitzende Andrea Kocsis und der 2. Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann.[1] Beide plädierten für eine »kürzere Vollzeit«. In der Vorbereitung hatte das WSI einen Report »Arbeitszeiten in Deutschland. Entwicklungstendenzen und Herausforderungen für eine moderne Arbeitszeitpolitik« vorgelegt.[2]
Fast zeitgleich, am 29.11.2014, hatte der DGB-Bezirk NRW gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW eine Veranstaltung organisiert: »Zeit zu arbeiten, Zeit zu leben«. In der Einladung wurde die vielfältige Problemlage beschrieben: »Wir erleben eine Renaissance der Debatte um die Arbeitszeit. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leiden unter der Verdichtung und Entgrenzung der Arbeit. Die ständige Erreichbarkeit für die Firma und ein enormer Leistungsdruck lösen Stress aus. Viele Beschäftigte fürchten, nicht gesund bis zur Rente durcharbeiten zu können. Vor allem junge Männer und Frauen wünschen sich eine neue Balance von Arbeit und Freizeit. Und schließlich geht es um eine gerechtere Verteilung der Arbeit.« Auch diese räumlich begrenzte Konferenz war mit ca. hundert Teilnehmenden ausgebucht.[3] Prominenteste Referentin war die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin, Jutta Allmendinger, die sich in der Vergangenheit schon für eine 32-Stunden-Woche als »neuer Vollzeit« ausgesprochen hatte. Eine zentrale Rolle spielte ferner die Vorstellung der Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung der IG Metall durch Hilde Wagner (Fachbereich Tarifpolitik beim Vorstand der IG Metall).
Der dritte, medial besonders stark beachtete Impuls bildete die Veröffentlichung des neuesten Reports des DGB-Index Gute Arbeit mit dem thematischen Schwerpunkt »Arbeitszeitgestaltung« am 4. Dezember 2014. Die Ergebnisse der repräsentativen Erhebung beruhen auf einer Befragung von ca. 5.800 abhängig Beschäftigten und fokussieren insbesondere auf das Problem des Zeitdrucks und der langen Arbeitszeiten.[4] Eine zentrale Botschaft lautet: »Die Deutschen wollen weniger arbeiten« (Wirtschaftswoche).[5] Die Pressekonferenz wurde vom DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann, dem 2. Vorsitzenden der IG Metall, Jörg Hofmann, und dem Vorsitzenden der IG BCE, Michael Vassiliadis, bestritten.
Möglicherweise haben auch die zahlreichen Veranstaltungen im Laufe des Jahres 2014 zur Erinnerung an den Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche vor 30 Jahren, die nicht nur nostalgischen Charakter hatten, dazu beigetragen, arbeitszeitpolitische Themen erneut zu beleben.
Der gesamte Text hier Sozialismus Heft 1-2015
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